Teamberichte 2014


Die diesjährigen Ziele nach 36 Stunden trampen (Rechte: Arne Tobian)
1. Team Tik&Mimi: Amposta (ES) - 1487,76 km


Ein Tramperennen...Klingt doch gut oder? Bist du schon mal getrampt? ..Nö, du? ...Nö?
Beste Vorraussetzung! Mensch, das Gewinnerteam letztes Jahr hatte es in 24h sogar bis England geschafft! Das müsste doch zu toppen sein, oder?

Die Richtung stand dann auch relativ schnell fest: Süd-West. Am liebsten Madrid, um das ganze direkt mit einer kleinen Familienzusammenführung zu verbinden. Schnell noch im Internet schlaugemacht wo man am Besten in Leipzig starten könnte, ein kleines Zelt per amazon bestellt und die Rucksäcke mit allerlei Dingen vollgeladen, von denen wir sicher waren sie ganz-unbedingt-lebensnotwendigerweise gebrauchen zu können und die im Laufe der Reise immer tiefer im Rucksack verschwanden. Dann war auch schon Donnerstagabend und es beschlich uns die Befürchtung, es gar nicht erst aus Leipzig rauszuschaffen.
Leicht verpennt ging es dann morgens Richtung Augustusplatz um die anderen Teams zu treffen und festzustellen:

  1. Alle anderen Teams haben irgendwie viel weniger Gepäck
  2. Wir haben die verdammte Pappe vergessen
Nachdem der Startschuss gefallen war marschierten wir zielsicher Richtung Hauptbahnhof...gemeinsam mit drei anderen Teams. Da wir eh nach Westen aus Leipzig rauswollten, wandten wir uns vor dem Bahnhof nach links und damit den anderen den Rücken zu, die scheinbar alle den Busbahnhof anstrebten. Da standen wir dann kurz ein bisschen planlos vorm Hotel Astoria und fragten kurzehand den Fahrer eines an der Ampel wartenden Autos. Und wir hatten direkt Glück. Der Fahrer war selber ehemalige Tramper und als Dachmonteur gerade auf dem Weg zu seiner Baustelle in Markleeberg. An einer Ampel neben der Autobahnauffahrt A9 setzte er uns dann wieder ab. Erste Trampstation: Check! Von unserem ersten kleinen Erfolg vor Motivation strotzend, nahmen wir Daumen schwenkend und Seifenblasen pustend kurz vor einer Ampel unsere Position ein. Und hatten wieder Glück: nach nicht einmal 20 Minuten hielt ein Auto neben uns, mit einem Fahrer von der Sorte Powerrentner, der zwar eigentlich nach Dresden wollte, aber kurzerhand 25km in die komplett entgegengesetzte Richtung fuhr um uns an der Autobahnauffahrt Richtung München absetzen zu können. Nach einer guten Stunde Wartezeit nahm uns ein älterer Herr mit, der sich auf seiner Reise nach Süden an die Österreichische Grenze befand um dort im Sommer seine Rente als Nachtportier aufzubessern. Aufgrund von mehrmaligem Verfahren trotz Hinweisen unsererseits und mangelnden Sicherheitsgurten entschlossen wir uns dann doch schon an einer Raststätte vor dem Autobahnkreuz A6/A7 abzuspringen.
Wie sich auf unserer weiteren Reise rausstellen sollte sind Franzosen, Niederländer und Dänen die Tremperfreundlichsten Fahrer (nebst älteren Generationen).
So wurden wir nach einer halben Stunde von unserem ersten nicht-deutschen Fahrern aufgegriffen, einem französischen Ehepaar auf ihrem Weg von Polen nach Stuttgart. Das erste mal zusammen auf der Rückbank sitzend, den Blick in die Ferne schweifend lassen und mit einer französischen Deutschlehrerin sprechend Richtung Stuttgart fahrend bemerkten wir, wie gut die ganze Tremperei eigentlich lief. Ausgehend davon, nicht einmal aus Leipzig zu kommen waren wir nun schon auf dem Weg nach Stuttgart.
Kaum auf einem Rastplatz bei Stuttgart angekommen wurden wir von einem Herren mit seinem Sohn angesprochen (umgedrehte Rollenverteilung) ob wir nicht mitfahren wollen. Wie sich herausstellte war der Fahrer ebenfalls ein ehemaliger Tremper welcher schon durch ganz Europa gereist ist und nun an vielen Autobahnraststätten vorbei fährt um Tremper aufzusammeln.
(Eine moderne Art des Robin Hood ;-) )
Nach vielen netten Gesprächen kamen wir der französischen Grenze verdammt nah, als wir schließlich kurz vor Karlsruhe ausstiegen. Es fing langsam an zu dämmern als wir uns von unseren Fahrern verabschiedeten und noch eine Einladung zu ihnen nach Hause bekamen.
(Wird garantiert irgendwann eingelöst!)

Nach nur einer weiteren halben Stunde fanden wir eine Dame die bis nach Basel fuhr.
Beim Ansprechen sagte sie, sie hätte noch nie Anhalter mitgenommen und würde dies auch nicht tun wollen, was sie nach einem Hundeblick und dem Verweis darauf, dass wir doch so ein liebes Pärchen sind und ihr nichts Böses tun würden revidierte.
Unsere erste SCHNELLE Fahrt nun führte uns in null-komma-nichts kurz vor Mulhouse, nur wenige Kilometer vor der Französischen Grenze an das Autobahnkreuz A5/A36. Wir waren nicht die einzigen die bis zu diesem Zeitpunkt hierher gekommen waren. Wir trafen Juli und Eike (Team Barfuß) an dieser Raststätte. Wie es das ungeschriebene Trempergesetz verlangt ließen wir ihnen den Vortritt, bekamen jedoch nur 1h nach ihnen eine Fahrt von einem etwas nervös wirkendem Arzt spendiert, der nach Frankreich zu einem Klassikkonzert fuhr und uns ca 1 Uhr bei Besancan entließ. Immerhin Mimi hatte nun schonmal etwas die Augen schließen können um etwas zu dösen.
Obwohl es nun dunkel wurde ließen wir uns nicht entmutigen und wollten die Nacht durchfahren insofern wir Fahrer finden würden. Bei unserem nicht abreißenden Glück fanden wir innerhalb nur einer Stunde einen jungen Mann, der uns bis kurz vor Lyon mitnahm. Er war seiner Aussage nach ehemaliger Profifußballer und ist nun im "KFZ Im- und Export" (so hat er es zumindest offiziell bezeichnet) tätig.
Wie auch wir hatte der Fahrer einige schlaflose Stunden hinter sich und freute sich auf seine Familie in Lyon. Zum Glück sprach der Fahrer englisch was die Kommunikation deutlich erleichterte. Wir hielten uns gegenseitig mit mehr oder weniger sinnvollen Gesprächen wach die letztenendes nur auf blödeleien hinausliefen und uns doch fast die ganze Fahrt über bei guter Laune hielten (bis auf Mimi, die dann doch der Müdigkeit erlag).
Wir hatten es nun bis morgens um 5Uhr, innerhalb von nur 20 Stunden nach Lyon geschafft.
Stolz wie Oskar suchten wir auch gleich nach einer weiteren Mitfahrgelegenheit.
Es folgte nun der Auftritt unseres unumstrittenen Tramperhelden: Alveros, ein knapp 50 Jähriger Däne auf seinem Weg nach Barcelona nahm uns durch sämtliche Staus, Mautstellen und sonstige Hindernisse mit bis nach Spanien. Die ursprüngliche gemeinsame Fahrzeit laut Navi von 6 Stunden dehnte sich durch den gigantischsten Stau den je ein Mensch gesehen hat auf über 10 Stunden aus. Jeglicher Müdigkeit trotzdend fuhr er mit uns Richtung Barcelona.
Außerdem gab er uns noch ein paar Sprachlektionen für das Trampen in Spanien.
(VIELEN DANK DAFÜR!!!!)
Endlich in Spanien angekommen mussten wir dann allerdings die Erfahrung machen, dass das Trampen nicht ganz so leicht ist wie in Deutschland oder Frankreich. Viele der Autofahrer sind der Meinung das Trampen wäre gesetzlich verboten...
Zum Glück gab es noch einen starken Urlauberansturm auf den Süden Spaniens, wodurch wir ein französisches Ehepaar fanden, das uns mit nach Tarragona nahm und kurz darauf ein Bus mit zwei Jugendlichen Franzosen welche uns bis kurz vor Valencia fuhren.
Während der letzten Fahrt mit den Jugendlichen in ihrem mit TFT-Displays und Kühlschrank ausgerüsteten Van endete das Jailbreak und unser Ergebnis nach 36 Stunden lautete irgendwo auf der Autobahn nahe Amposta.

PS: Nach Madrid haben wir es nach einer Übernachtung im Freien auf einem Parkplatz und nach 12 weiteren Stunden auf der Straße übrigens doch noch geschafft. :)


Miriam und Kim in Madrid (Rechte: ebd.)

 
  















2. Team Barfuß: Bayonne (FR) - 1354, 89 km

Impressionen einer Reise in den Süd-Westen Europas
Schon kurz nachdem der Startschuss am Augustusplatz fiel, wurde klar: es wird nicht leicht mit nackten Sohlen gegen städtische Bodenbeläge anzutreten. Als wir uns nach einer knappen halben Stunde ohne Ticket, dafür jedoch mit blutendem Fuß im Bus wieder fanden, wurden bereits die ersten Pflaster angelegt. Die Reise konnte für uns beginnen, als wir uns nach einiger Zeit am Tramperspot Richtung Süden in einem bunt bemalten Hippiebus wiederfanden.


Der gewünschte Lift bis Frankfurt endete jedoch nach einigen Minuten mit einem Motorschaden auf einem Autohof vor Leipzig. Von dort aus schafften wir es jedoch mit einigen Überredungskünsten („Könnten Sie mich und meine kleine Schwester Richtung Frankfurt mitnehmen?“) bis nach Hessen und wurden südlich von Frankfurt von einem sympathischen LKW-Fahrer bis an die Grenze zu Frankreich mitgenommen. „Wie heißte eigentlich?“ Er zeigte auf das Nummernschild an seiner Windschutzscheibe: „Na, Detlev! Steht da doch!“ „Kinner so wie ihr ausseht werdet ihr bei der nächsten Raste aber nicht mitgenommen! Jetzt gibt’s erstmal ne Truckerdusche!“, meinte Detlev später und gab uns Feuchttücher um uns wieder frisch zu machen.

An der „Schau ins Land“ Raststätte bei Freiburg verließ uns Detlev um seinen Weg in Richtung Schweizer Grenze fort zu führen und wir trafen einige Tramper, welche jedoch die Nacht Fußball spielend an der angrenzenden Wiese verbrachten. Dort trafen wir auch das sympathische Siegerteam Tik und Mimi und bekamen schon sehr bald einen Lift über die Grenze. Zwei Junge Franzosen brachten uns an einen Autobahnzubringer in einem kleinen französischen, Ort, nachdem Sie während der Fahrt versuchten Ihr Handy gegen unseres einzutauschen. Unser nächstes Schild nach Lyon musste nun etwas größer werden, da es bereits dunkel war. Um uns wach und auffällig zu halten gab es Mate und einige Tanzeinlagen zum Best-Of Album der Kelly Family. Und schon wieder fanden wir uns mit zwei jungen Franzosen in einem Auto wieder, welche uns nur leicht beunruhigten, während Sie bei c.a. 100 km/h eine CD und 20€ durch das Fenster mit einem befreundeten Auto austauschten. Sie brachten uns jedoch relativ sicher zur nahegelegenen Raststätte auf der Autobahn Richtung Lyon.


Es war nun mitten in der Nacht, dennoch nahmen uns 3 nette Reisende mit. Wir wären am liebsten mit Panorama-Glasdach und einem Gewitter in der Ferne, zurück in die 60er oder an das eigentliche Reiseziel der 3 Gesellen – Italien -  mitgefahren, auch wenn dies nicht unsere Richtung war, wurden jedoch zum Wohle des Wettbewerbs auf eine Raststätte vor Lyon gebracht. Dort angekommen mussten wir erst einmal die eindrucksreiche Fahrt Revue passieren lassen, bevor wir anfingen, Reisende nach einem Lift Richtung Clermont-Ferrand zu fragen. „Heeey, sag mal... treibts euch auch Richtung Süden?“ „Ähm.. Nein! Spanien!“
„Cooooool...“ Aus irgend einem Grund fanden wir die folgenden 2 Stunden keine Mitfahrt in unsere Richtung...

Als es langsam hell wurde erklärte uns dann ein aufmerksamer Fahrer, dass wir auf der falschen Seite der Autobahn stehen und uns wurde bewusst, weshalb wir so lange vergeblich auf einen Lift Richtung Clermont-Ferrand gewartet hatten.

Da wir uns mittlerweile auch wieder normal verhalten konnten, dauerte es nicht lange, bis uns eine nette Französin auf der gegenüber gelegenen Raststätte bis in die aus deutschen Französisch Schulbüchern bekannte Stadt mitnahm und wir hatten eine sehr schöne fahrt mit Lea, welche mit ihrem Hund unterwegs war und uns mit Schweizer Bergkäse und guten Gesprächen versorgte.

 Als zusätzliche Belohnung, schlug Sie uns vor, Sie später diesen Sommer in den Französischen Alpen zu besuchen, da Sie dort als Guide für Wandertouren durch die Berge arbeitet.













 Nun waren bereits 2/3 des Wettbewerbs vorüber, und wir mussten verwundert feststellen, dass wir uns beim Zwischenstand nach 24 Stunden auf dem ersten Platz wiederfanden. Und das trotz dieser merkwürdigen Zigarette...
Diese Tatsache gab uns die nötige Motivation auch noch die kommenden 12 Stunden ohne Schlaf zu verbringen und wir hatten nach einigen weiteren Lifts Bayonne, eine Stadt nahe dem Atlantik und der spanischen Grenze erreicht.
Und das nur, da die beiden jungen Gesellen im letzten Auto den Wettbewerb mindestens so ernst nahmen wie wir und sogar ohne zu Bezahlen durch eine Mautstelle rasten, um Bayonne noch vor dem Wettbewerbsende zu erreichen.





So haben wir den zweiten Platz erreicht.
Und obwohl wir den Wettbewerb ohne gewisse Geschehnisse vielleicht sogar hätten gewinnen können, war unsere Reise perfekt wie sie war und wir haben nicht nur wunderbare Musik in den Fahrzeugen gehört, tolle Menschen kennen gelernt und unser Französisch verbessert, sondern auch gemerkt, dass man beim Trampen immer einen nächsten Lift Richtung Ziel findet und nicht nur das gesparte Geld, sondern auch die vielen einmaligen Erfahrungen diese leider nicht mehr so konventionelle Art zu reisen lohnenswert machen.


3. Krümelmonster-A-Team: Biscarosse (FR) - 1195,54 km

 
Einen Bericht über unsere Erlebnisse wollt ihr haben? Schwer so viel Erlebtes kurz zu fassen. Aber versuchen kann man's.
So wie wir versucht haben zum entscheidenden Glockenschlag zum Bahnhof zu hechten. Wir hatten weder Schlafsack noch Karte in unseren Rucksäcken genau so wenig wie eine feste Route in unseren Köpfen. Zweifel, ob wir zügig aus der zu dieser Zeit eher weniger turbulenten Innenstadt auf die Weiten der Straßen gelangen dagegen schon. So standen wir also am Hauptbahnhof. Die Aufregung konnten uns auch nicht die quietschbunten Krümelmonstermützen auf unseren Köpfen nehmen. Dann lernten wir Hermann kennen, einen sympathischen Eventmanager und unser Puls normalisierte sich. Mit ihm ging’s Richtung Norden, nach Braunschweig. Braunschweig? "Ok, also danach ab nach Hamburg und von da aus weiter Richtung Norden trampen." Das war der Plan den wir im Auto gefasst hatten. An einer Raststätte sprangen wir wenige Sekunden herum und begegneten einem bunten Haufen Litauern, die in einem Reisebus Richtung England unterwegs waren. Ohne viel zu überlegen: Gepäck raus - Gepäck rein. Im Reisebus mit Vodka versorgt Richtung England. Alex hatte weder Personalausweis noch Reisepass dabei. Irgendwie verstaubten ihre Ausweise in der koreanischen Botschaft. So mussten wir verschiedensten unheimlich lieben Menschen, die uns auf direktem Weg mit nach England, sogar Irland mitnehmen wollten dankend ablehnen. Nachts sind wir dann in Frankreich beim Fährenübergang in Calais gelandet. Das erste Ziel, innerhalb kürzester Zeit weit weg zu kommen war somit erreicht. Von diesem Punkt aus die längste Luftlinie von Leipzig heraus zu schlagen musste nun weiter getrampt werden. Der nördliche Plan hätte keinen Sinn mehr ergeben also war jetzt der Süden Frankreichs unser Ziel. Alex und ich, nach Hermann benannt Krümelmonster-A-Team, waren mittlerweile ganz entspannt aber die Menschen in Calais schienen besorgt um uns als wir nachts dort abgesetzt wurden. Selbst die Polizei. „Hier könnt ihr nicht bleiben, das ist viel zu gefährlich. Überall lungern Migranten herum, auf den Straßen, hinter den Büschen an den Zäunen. Sie wollen euch Unheil antun.“ Bestätigt hat sich das nur, wenn Unheil nach netten Gesprächen und geschenkten Muffins schmeckt. Wo waren wir? Genau. Die Luftlinie und die Challenge. Das Ziel war jetzt in den Süden Frankreichs zu gelangen aber um mit kleinen Brötchen zu backen erst einmal wieder vom angeblichen Ort der Gefahr zurück auf die Autobahn. Die Polizei riet uns dafür auf die große Straße gegenüber zu gelangen also balancierten wir auf einer riesigen Mauer entlang eines Eisenzaunes ewig gerade aus, bis wir auf die andere Seite konnten. Es verging nicht viel Zeit, bis uns ein besorgter Franzose von dieser Straße aus auf die Autobahn brachte. Leider an eine derart ungünstige Stelle, dass niemand in stockfinstrer Nacht Richtung Süden wollte. Als wir uns schon beinahe mit unserem Schicksal abgefunden hatten, an dieser Stelle in dieser Nacht fest zuhängen, stießen wir auf zwei Franzosen. Während ich mir mehrere Zigaretten neben der nahe gelegenen Reifenreparaturanlage genehmigte unterhielt sich Alex über Calais, den Mangel an Arbeit, perspektivlose Jugendliche und die Tankstelle auf der wir uns befanden. „Tankstellen in dieser Region ersetzen die französische Kneipenkultur!“ bemerkte Franzose1 „Wer nachts noch irgendwo auf Leute treffen will, der macht hier Halt.“, bestätigte Franzose2. Nach halbstündigem Gesellschaftsgeplänkel und der erneuten Erkenntnis, die Welt sei böse, überkam Alex eine unumstößliche Müdigkeit und wäre nicht in diesem Augenblick Franzose3 gekommen wäre sie vorn über gekippt und in tiefem Schlaf versunken. Doch Franzose3 war ziemlich heiß, sah aus wie Freddie Mercury und wirkte auf Alex wie 5 in Club Mate aufgelöste Koffeintabletten (auf Ex runtergegurgelt)! Hellwach und Haar zurechtgestutzt fiel uns beiden die Challenge wieder ein! Franzose3 aka Mr. Mercury düste extra nach Hause um ein größeres Auto zu holen und brachte uns noch in dieser Nacht an eine günstigere Stelle. Nachdem Mercury Alex seine Visitenkarte gab und mit einem letzten Augenzwinkern in sein Auto glitt fiel Alex prompt auf der Raststättenwiese in einen schmachtenden Tiefschlaf! Ich bin wie ein Wiesel auf Koffein überall herumgelaufen und habe nach Lille oder Paris gefragt. Wenigstens noch ein Stückchen Richtung Süden in dieser Nacht. Das hatte ich mir in den Kopf gesetzt. Irgendwie bin ich nur auf Partygesellschaft getroffen, die in den nächsten Ort wollten. Aber zwei französische Raucher brachten uns, nachdem ich Alex, die im Halbschlaf „Bohemian Rhapsody“ murmelte ins Auto gezerrt hatte nach Lille. An dieser Raststätte folgte dasselbe Spiel. Alex schlief auf der nächsten Wiese ein und ich rannte weiter herum. Bis ich zwei Niederländern begegnete. Die waren mit ihrem Superelektroauto an die Küste zum Segeln unterwegs. Perfekt ausgestattet und mit dem feinsten Käse und Weißwein aus der Kühlbox versorgt, während die Sonne langsam aufging, waren wir –schwuppsdiwupps- an der Küste Frankreichs. Bei Nantes. Das Angebot mit ihnen eine Woche die Seele auf einer Insel baumeln zu lassen und mit ihnen die Segel zu hissen mussten wir aufgrund der Mission wieder dankend ablehnen. Wir begegneten wieder einem Niederländerpärchen. Diese wollten eher auf ein Spielabenteuer und so quetschten sie uns zwischen Brettspiele und Gesellschaftsspiele in ihr Auto. Diesmal mit Kaffee und Zigaretten versorgt weiter Richtung Süden Frankreichs. Immer an der Küste entlang, um unserer bereits herausgeschlagenen Luftlinie keinen Schaden anzutun. Unser Ziel war jetzt Spanien zu erreichen wenn die 36 Stunden vorbei sind. Nachdem uns die Niederländer abgesetzt hatten, lernten wir ein Leipziger Ehepaar kennen und mit ihnen ging die Reise immer weiter Richtung Süden. Wir waren so motiviert Spanien noch zu erreichen und so begeistert wie sehr alle Menschen uns geholfen haben und noch Umwege für uns gefahren sind, bis wir mitten im Stau festhingen. In Frankreich war wie wir erfuhren „Black Saturday“. Alle Familien waren Richtung Spanien oder Küste unterwegs. Und die Straßen waren voll. Kein Meter. Nichts ging mehr voran. Wir schauten auf die Uhr und kostbare Stunden gingen nach und nach verloren. Die Leipziger ließen mittlerweile Alex auf den Beifahrersitz, kurbelten das Fenster herunter und ermunterten sie wartende Staunachbarn anzuquatschen die nach Spanien fuhren damit wir hätten umsteigen können. Alles ohne Erfolg. Aber auch ein Auto Richtung Spanien hätte uns in dieser Situation wenig weiter geholfen. Es war Stau und wir hingen fest. Als wir begannen nicht in Stunden sondern Minuten zu denken weil die Challenge fast vorbei war, fuhren die Leipziger mit uns von der Autobahn ab und durch mehrere Kleinstädte Frankreichs, um uns an den westlichsten Punkt zu bringen. Wir stiegen aus, rannten (ohne zu begreifen an welch schönem Fleckchen Erde wir gelandet sind) durch den Sand zum Kiosk, wo wir uns Wein (natürlich NUR wegen dem Kassenbon…) kauften. Die Zeit war gerade um. Die Challenge vorbei.
Und da saßen wir. Auf einer gigantischen Wanderdüne mit Blick auf den atlantischen Ozean, einer Flasche Wein und den ersten Momenten Ruhe. Der Sonnenuntergang untermalte alles. Möwen flogen durch die Luft und wir beobachteten braungebrannte Surfer mit strahlendweißen Zähnen und Baywatch-Höschen die athletisch den Strand entlanghopsten. Ich musste lachen, weil dieses Ende und diese Situation vor Kitsch glitzerte und blitzerte und man sie nicht sofort als etwas Reelles wahrnehmen konnte. (Alex musste lachen, weil die Surfer hübsch waren)

4. Team Sven&Sarah: Oslo (NO) - 958,77 km


Weder Sven noch ich sind vorher jemals überhaupt irgendwohin getrampt. Und jetzt das?!? Ja, genau das. Denn als die Rundmail mit der Ankündigung zum Jailbreak uns erreichte, war klar: wir wollen dabei sein! Die Teamberichte und weitere Berichte und Tipps vom Hitchwki (hitchwiki.org) halfen über die ersten Unsicherheiten hinweg und die Richtung war auch schnell klar: Norden. Frankreich war für einen späteren Urlaub eingeplant, mit Italien und Polen haben Freunde von uns schon mal schlechte Tramperfahrungen gemacht und wir mögen einfach Skandinavien. Um auch wirklich auf alles, was denn so kommen möge, vorbereitet zu sein, kaufte ich noch Autobahnkarten von Deutschland und Skandinavien und wir liehen uns ein 2-Sekunden-Zelt. Und dann war Donnerstagabend, die letzten Vorbereitungen getroffen und die erste Nervosität bereitgestellt. Nach einem gefühlt viel zu kurzen Schlaf mussten wir auch schon wieder aufstehen, damit wir um 8:30h fertig zur Abreise am Augustusplatz stehen konnten.

 Noch die letzten Infos bekommen und fürs Photo lächeln, und dann waren alle anderen Teams plötzlich weg. Die schienen zu wissen, wo man am besten loslegt. Nach einem kurzen Spaziergang über den Markt, haben wir uns entschieden, an der Ostseite des Hauptbahnhofs unser Glück zu versuchen, denn hier fahren auch immer die Mitfahrgelegenheiten los:
 Mindestens zwei andere Teams hatten diese Idee auf jeden Fall auch, also stiefelten 6 Leute über den Platz, auf der Suche nach einem freien Platz im Auto eines gutmütigen Fahrers. Nach relativ kurzer Zeit war dann das erste der anderen beiden Teams auch schon unterwegs, und das zweite Team hielt einen langen und anscheinend lustigen Plausch mit einem Fahrer. Für uns war es bis jetzt eher deprimierend. Niemand hatte Platz oder wollte aus der Stadt rausfahren. Als dann auch das zweite Team grinsend und winkend an uns vorbei fuhr, wurde es Zeit für Plan B: Schilder basteln. Eine Pappe und einen Edding hatten wir von zu Hause mitgenommen. Und schon stand Berlin ganz groß auf einem Teil des Pappkartons. Gleichzeitig beschlossen wir, dass die Ostseite des Hauptbahnhofs für uns kein guter Start war. Also liefen wir an der Ostseite entlang Richtung Norden, denn hier fahren immer viele Leute von Leipzig aus auf die Autobahnen Richtung Norden oder Osten. Und Norden klang ja schonmal gut.
Und zumindest hier schienen wir richtig gedacht zu haben. Nach kurzer Zeit hielt ein Auto und wir quetschten uns möglichst schnell mit all unserem Gepäck auf die Rückbank. Für eventuell zerquetschte Gummibärchen oder andere Dinge möchte ich mich hiermit entschuldigen. Wir konnten es kaum glauben, dass uns jemand wirklich mitnahm. Und es kam noch besser: Der Fahrer konnte uns sogar noch bis etwa 70km vor Rostock mitnehmen, also viel weiter nördlich als unser Schild es angekündigt hatte. Und so wurde aus dem ziemlich deprimierenden Start ein Hochflug der Gefühle bis kurz vor Rostock. Dort verabschiedeten wir uns, und auch hier möchte ich mich bedanken! Diese erste Fahrt gab uns wirklich Mut für den Rest des Weges!
An der Raststätte dann erstmal ein zweites Frühstück und das nächste Schild malen. Diesmal: Rostock und eine kleine Fähre dazu, denn wir wollten mit der Fähre von Rostock nach Dänemark oder Schweden mitgenommen werden. Die Fähren werden nämlich pro Auto bezahlt und nicht pro Person. Wir stellten uns kurz vor die Ausfahrt aus der Raststätte und warteten etwa 10 Minuten. Als uns schon fast klar war, dass die Autos an dieser Stelle doch zu schnell fuhren, um unser Schild zu sehen, wurden wir erneut überrascht: ein Kleinbus, der kurz zuvor an uns vorbeigerast war, hielt auf der Zufahrt zur Autobahn an und kam rückwärts zu uns zurück gefahren. Im Bus saßen zwei junge Männer, die uns bis ca 10km vor Rostock mitnehmen wollten. Trampen funktionierte sehr viel besser als wir gedacht hatten! Und schon saßen wir im nächsten Auto.
Nachdem wir den Jungs vom Jailbreak berichtet hatten, waren sie direkt begeistert und fuhren uns bis direkt an den Fährhafen in Rostock. Ein großes Danke auch hier! Am Fährhafen dann dasselbe Spiel: kurze Pause, essen und neues Schild malen. Diesmal nur eine Fähre mit den Buchstaben Dk und S darauf. Dann stellten wir uns ca 100 Meter vor die Ticketschalter zur Fähre und hielten tapfer unseren Daumen raus und das Schild in die Höhe. Zuerst war alles ganz nett, die Sonne schien und es war einiges los auf dem Platz vor dem Fährhafen. So konnten wir während dem Warten zuschauen, wie die Polizei die einreisenden PKWs kontrollierte. Doch die 1. Fähre fuhr ohne uns ab. Dann auch die 2. und die 3. und die 4. und und und... Nach 7 Stunden warten, mit Sonnenbrand und Krampf im Daumen waren wir bereit aufzugeben und hatten schon geplant, wo man in Rostock am Besten wild campen konnte. Doch dann kam noch ein Auto...und hielt! Der Fahrer war alleine unterwegs und wollte uns mitnehmen! Unglaublich, aber wahr! Das hat uns den Tag wirklich gerettet!
Der Fahrer wollte auch nach Norden und mit einer der Fähren nach Dänemark oder Schweden fahren, doch alle Fähren waren ausgebucht. Wir sahen uns schon wieder aussteigen, als der Fahrer uns erklärte, wir könnten mit ihm nach Fehmarn kommen, wo eine weitere Fähre nach Dänemark fährt. Und so geschah es.
Im Nachhinein können wir sagen, dass die Fähre in Rostock aus 3 Gründen nicht gut funktioniert hat:
1) Urlaubszeit heißt Familienzeit, jedes zweite Auto hatte 2-3 Kinder auf der Rückbank.
2) Urlaubszeit heißt hier auch, dass die Fähre ausgebucht war, und es bei Vorausbuchung schwierig ist, spontan noch 2 Leute mitzunehmen.
3) Die Fähre geht von Deutschland nach Dänemark oder Schweden: vorallem Schweden hatten auf ihrem Weg aus Deutschland raus die Rückbank ihres Autos mit sehr viel Bier vollgepackt, da bleibt kein Platz für Tramper.
Wir fuhren nach Fehmarn, dann gings auf die Fähre und in Dänemark wieder runter von der Fähre. Wir fuhren weiter Richtung Norden. Da der Tag für uns sehr anstrengend war, sind wir schon bald im Auto eingenickt. Aber unser Fahrer fuhr und fuhr und wollte gar nicht mehr aufhören. Nach einigen kleinen Pausen und einer größeren Pause mit Nickerchen waren wir schon bald über die Brücke von Kopenhagen nach Malmö gefahren und weiter nach Norden Richtung Göteborg. Nach und nach kam heraus, dass der Fahrer des Wagens Freunde in Oslo besuchen wollte. Und so ging die Fahrt weiter, und wir durften mitfahren. In den Pausen unterhielten wir uns sehr gut und während der Fahrt versuchten wir uns gegenseitig wach zu halten, denn niemand von uns hatte letzte Nacht viel geschlafen.
Am Samstagmittag erreichten wir Oslo, tauschten Handynummern und Mailadressen aus und verabschiedeten uns. Sven und ich wollten noch eine Etappe weiter trampen, immer weiter Richtung Norden, und am liebsten in Trondheim ankommen. Nachdem wir unser Schild geschrieben hatten, erklärten uns Passanten, wo wir uns am besten hinstellen konnten, um mitgenommen zu werden. Gesagt, getan. Doch auch hier warteten wir einige sehr lange Stunden, ohne dass jemand uns mitnehmen wollte. Am späten Nachmittag waren wir sehr müde und etwas deprimiert, und entschieden daraufhin, in Oslo zu bleiben. Oslo war schön und in der Nähe gab es einen Campingplatz, auf dem wir übernachten konnten.
So endete unser erster Jailbreak und unsere erste Hitchhiking-Strecke in Oslo, 958,77 km Luftlinie von Leipzig entfernt.

Das Abenteuer danach:
Wie kommt man am besten heim, nachdem man mit allen Mitteln versucht hat, so weit wie möglich weg zu kommen? Das war der Haken an der ganzen Geschichte, den wir vorher nicht bedacht hatten. Aber auch hier gab es eine überraschende Wendung. Da wir mit unserem letzten Fahrer Handynummern getauscht hatten, schrieben wir ihm eine SMS und fragten, wann er denn heim fahren wolle und ob er uns mitnehmen könne. Die Antwort war: am Montag und ja! Also trafen wir uns wieder und machten uns auf die lange Heimreise. Hier die Kurzversion:
Der erste Stopp war eine Bucht der Nordsee im schwedischen Nichts, an dem ein kleiner Segelboothafen war. Hier lag ein Segelboot von Freunden von unserem Fahrer. Wir verbrachten einen Abend an diesem See, biertrinkend und die untergehende Sonne beobachtend. Am nächsten Morgen gabs Tee auf dem Segelboot und dann ging die Fahrt weiter Richtung Süden. Unterwegs machten wir halt in Malmö und Kopenhagen, sahen schwedischen Strand, Kopenhagens Fußgängerzone und Christiania und fuhren dann weiter Richtung Gedser, denn dort fährt die Fähre nach Rostock. Nach kurzem Ausruhen auf der Fähre ging es weiter nach Süden, und auch diesmal hielten wir uns gegenseitig wach, denn an viel Schlaf war nicht zu denken. Wir sind müde zurückgekommen, haben neue Bekanntschaften geschlossen und viel von Skandinaviens Europastraßen gesehen. Der Campus-Jailbreak 2014 war ein super Erlebnis!

Team Sven&Sarah am Rostocker Fährhafen
(Rechte: Sarah Berkemer)

















5. Team Abenteurer des Schienenstranges: Charlon (FR) - 925,56 km

6. Team Schall&Rauch: Pisa (IT) - 860,44 km

7. Team Pi*Daumen: Grenze Tompa (HU) / Kelebija (SRB) - 781,54 km


Balkan-Beats hautnah“


Da wir letztes Jahr schon mit Erfolg dabei waren, fühlten wir uns den unerfahrenen Teams durchaus überlegen und gingen mit Ehrgeiz an die Sache ran. Der dritte Platz vom letzten Jahr müsste mit zwölf Stunden mehr und unserer selbstgebastelten Autostop-Flagge doch zu toppen sein, sodass wir bereits mit ambitionierten Zielen wie dem Schwarzen Meer liebäugelten...

Als die anderen alle am Augustusplatz losstiefelten, holten wir unsere Fahrräder raus und fuhren zum Stadtrand von Leipzig, wo wir unsere Chancen höher sahen, gleich mitgenommen zu werden. Dieser Cheat am Anfang brachte uns wenig, da an unserem anvisierten Startspot gleich zwei konkurrierende Teams winkend und lachend an uns vorbei fuhren. Und da wir schon ganze drei Stunden brauchten, um die Stadt Leipzig nach Osten raus zu verlassen, waren wir so von Anfang an nicht „gewinngefährlich“.

Ab mittags waren wir dann „on the road“. Erst zur A4, dann nach Dresden, und am späten Nachmittag fanden wir uns auf dem Gelände eines gigantischen Konsumareals nördlich von Prag wieder. Wir wollten so schnell es ging durch die Stadt oder besser außen herum. Nur alle Autos, die wir fanden, wollten das nicht. Sie wollten lieber einkaufen. Es erbarmte sich ein netter Fotograph in einem rustikalen Volvo, der uns an die andere Seite der Stadt bringen wollte. Wir erwähnten, dass wir aus „Hipster-Leipzig“ kommen. Das ermunterte ihn, uns noch eine kleine Stadtführung durch sein „Hipster-Prag“ zu geben, inklusive Einkehr in eine nette kleine Bar in einer Gasse dieser tschechischen Stadt.

Zum ersten Zwischenstand nach zwölf Stunden des Rennens waren wir dann hinter Prag mit Richtung Bratislava, welches wir auch noch vor Mitternacht erreichten. Dass wir nicht das einzige Team auf dieser Strecke waren, sagten uns die Zwischenergebnisse und eine liegen gelassene beschriftete Pappe an einer Raststätte, die wohl das „TBA-Racing-Team“ kurz vor uns passiert hatte. Wir stellten unser „Budapest“-Schild vor uns auf und nach einer erfolglosen Stunde auf der Suche nach einem nächtlichen Lift rollten wir unsere Schlafsäcke an der Tankstelle aus und schlummerten ein. Keine zwei Stunden später weckte uns ein netter Herr, der uns mitnehmen wollte. So erreichten wir schon vor dem Sonnenaufgang den Stadtrand von Budapest.

Die Ringautobahn um die 2-Millionen-Metropole sollte uns zum Verhängnis werden. Denn hier verbrachten wir insgesamt 9 (!) Stunden darauf wartend, dass uns jemand in Richtung Süden nach Szeged mitnehmen könnte. Diese Zeit war wohl die größte Herausforderung für uns. Lieder singen, Jonglieren, Schlafen, Lachen, Fragen – niemand konnte uns wirklich weiter bringen. Verwunderlich war das schon, da wir uns sicher waren, an der richtigen Tankstelle zu sein und diese auch durchaus gut besucht war. Andere Tramp-Fans, die dort eintrafen, waren aber ebenso wenig erfolgreich. Als Trost zu dieser Zerreißprobe warf das benachbarte Fast-Food-Restaurant genügend übrig gebliebene Pommes ab, sodass wir wenigstens nicht hungrig ausharrten.

Doch auch in dieser Situation sollte sich die „Goldene Regel des Trampens“ bewahrheiten: Irgendwann wirst du immer mitgenommen. Wir hatten uns schon gemütlich eingerichtet, da fuhr ein Sportwagen vor. Der Fahrer kam auf uns zu und signalisierte uns, dass er uns mitnehmen möchte. So gelang uns doch noch der Befreiungsschlag, sogar klimatisiert in Lederausstattung.

Die letzten drei Stunden schlugen an, als wir uns drei Kilometer vor dem Dreiländereck Ungarn-Rumänien-Serbien (nahe Szeged) befanden. Es war spät, wir durchaus erschöpft und die Lust zum Aufgeben lag nahe, als wir eine Einladung nach Szeged bekamen, auch um dort zu übernachten. Doch es lag Kampfgeist in der Luft. Wir schlugen diese Einladung aus und setzten uns ein letztes Ziel: über die EU-Grenze nach Serbien. Serbien klingt schließlich weitaus exotischer als Ungarn oder Rumänien.

Das Verkehrsaufkommen an diesem Dreiländereck war ziemlich hoch. Doch die eigentlich nur aus Deutschland (!) kommenden Autos dort waren voll mit Familien und Geschenken für die Verwandtschaft, die sie in der Türkei oder Ex-Jugoslawien besuchen fahren wollten. Froh darüber, endlich mal so viele Autos voll bepackt sinnvoll in Benutzung zu sehen, waren wir auch traurig darüber, dass uns diese Familien nicht bis in ferne Länder mitnehmen konnten, auch wenn sie es gerne getan hätten.

Nach ungeduldigem Pausieren bestritten wir das große Finale mit Naim und seinem weißen Mercedes-Benz-Sportwagen der Königsklasse. Wir erzählten ihm, dass wir nur über die Grenze nach Serbien mitgenommen werden wollten und wir gar nicht so lange mit ihm zu fahren brauchten. Guten Mutes, im Endspurt noch nach Serbien zu kommen, wurden wir von unserer ersten richtigen „Grenze“ überrascht. Der Urlaubsverkehr, vor allem auch aus Deutschland, stopfte die Grenzen voll und sollte mehrere Stunden Wartezeit bedeuten. So steckten wir in einer kilometerlangen Blechkolonne vor Serbien fest und die letzte Stunde des Jailbreak 2014 wurde eingeläutet.

Doch wir besannen uns auf die Regeln und nutzten ein Fortbewegungsmittel, das auch kostenfrei war: das Gehen. Wir liefen einfach an den Autos vorbei, zeigten unsere Pässe an der Grenze und kamen damit noch vor Ablauf der 36 Stunden im Dämmerlicht in Serbien an.
Selfie, SMS mit Zielergebnis und ein tiefer Seufzer.
Damit war das Wettrennen vorbei.

Doch das Abenteuer begann so wirklich erst jetzt...
Naim holte uns an der Grenze wieder ab und fuhr uns nach einigem Hin und Her mit den Grenzbeamt*innen nicht nur noch einige Kilometer bis nach Serbien rein, sondern auch noch gleich weitere 600 Kilometer durch die Nacht bis nach Priština, der „Hauptstadt“ im Kosovo – einer Stadt, von der wir bis zu ihrem Betreten nicht wussten, dass es sie überhaupt gibt. Dieser Glücksfall, gleich bis hier her zu kommen, motivierte uns, doch nicht gleich wieder die Heimfahrt anzutreten, sondern einfach noch weiter zu reisen, natürlich weiterhin mit Pappschild in der Hand am Straßenrand.


Da wir jetzt nicht mehr Kilometer fressen mussten, nahmen wir uns in verschiedenen Städten und Gegenden nun mehr Zeit zum Verweilen, Ausruhen und Besichtigen.
So war neben Priština im Kosovo auch der ägäische Strand in Thessaloniki unser Ziel. Und wir wären noch nach Istanbul weitergetrampt, wenn es nicht so furchtbar heiß gewesen wäre. Also war dann schon in Griechenland die Umkehr angesagt.

Auf dem Rückweg nach Leipzig gab es einen Abstecher zum Hitchgathering. Das ist das alljährliche Sommercamp der europäischen Trampszene, das dieses Jahr in einem albanischen Küstenort am Ionischen Meer stattfand. Campen, Lagerfeuer, Yoga, Mugge machen, vegan Kochen, Baden, Wandern, Sonnen und den Geschichten der bald 100 Hitchbuddies aus über 30 Nationen lauschen... Eine gelungene Kombination, die auf das anfängliche Jailbreaken folgte.

Albanien hat uns von den vielen Ländern, die wir auf dem Balkan besuchten, am besten gefallen, auch wenn uns die Leute vor allem in Griechenland vor diesem doch recht armen Land warnten. Wir wurden dort von den Menschen zum Kaffee trinken und zum Übernachten eingeladen, und – das war vielleicht unser Höhepunkt – auch zu einer albanischen Hochzeit. So lernten wir neben der eindrucksvollen Landschaft auch die Popmusik des Balkan und die Tänze dazu kennen.


An der Adria entlang ging es dann durch Montenegro, Kroatien, Bosnien und Herzegowina, Slowenien, Österreich und Bayern wieder nach Hause, und das sogar schneller als wir aus Leipzig weggetrampt waren.

Trampen heißt immer auch Zufall. Und wie dieser es wollte (nennen wir es mal „göttliche Fügung“) führte uns der erhobene Daumen mit fast 40 unterschiedlichen Autos, LKWs oder auch einem Wohnwagen ganze 4500 Kilometer durch gut ein Dutzend Länder des Balkans. Uns begegneten die Straßen und Städte, doch durch das Trampen vor allem die Einheimischen dieser Gegenden. In den Unterhaltungen mit ihnen wurden uns die Spuren des Krieges dort vor gut 15 Jahren sehr deutlich. So können wir nicht genau sagen, in wie vielen Ländern wir wirklich waren, da die Grenzen und Staaten auf der Halbinsel nicht immer von allen anerkannt und festgelegt sind. In unserer in Serbien gekauften Landkarte ist zum Beispiel der Kosovo nicht drin. In griechischen Karten fehlt Mazedonien als solches, um nur mal einen Eindruck von dem Streit um die Ethnien und Nationen zu geben.

Unser Jailbreak entwickelte sich von zu einer Tramptour durch den halben Balkan, die uns erst nach 10 Tagen und gefühlt zwei Dutzend Ländergrenzen wieder sicher zurück nach Leipzig führte.

Unsere Reise entwickelte sich von einem abwechslungsreichen Wettrennen mit der Zeit um den Campus-Jailbreak zu einer spannenden Bildungsreise, die wir mit einem wirklich schmalen Budget durchführten, spontan und im Prinzip ohne dass ein Auto zusätzlich unsertwegen auf der Straße unterwegs war. Wir lernten auf unserer 10-tägigen Tour durch den halben Balkan Länder und Leute kennen, von denen wir sonst nur aus den Medien hören. Wir lernten junge Menschen kennen, die die Konflikte der vergangenen Generationen überwinden möchten: Frieden und Weltoffenheit geht für sie vor allem einher mit Aufklärung. Stabilität und Entwicklung erreicht man in ihren Augen vor allem durch Bildung.

Ein Gut, das die Landesregierung Sachsen wohl nicht so schätzen will –
wir nun aber umso mehr.

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8. Trödeluwe Reloaded: Mailand (IT) - 694,15 km


Auch wenn wir dieses Mal nicht in das Vergnügen kamen, von Trödeluwe mitgenommen zu werden, machten wir dennoch einige sehr spannende und unterhaltsame Bekanntschaften. Doch am Anfang nahm uns Friedemann etwas Wind aus den Segeln. Er hatte den Schlafsack vergessen, also mussten wir zurück in die Mechlerhood. Denn dieser Fetzen Stoff sollte zu späterer Stunde noch ein wenig Schutz vor einer invasiven Plage von Mücken dienlich sein. Naja, immerhin lag das Zentrum Nord auch auf dem Weg zu unserem angestrebten Ziel, der Nordsee. Wir machten also schon mal ein paar Meter gut. Eine Stunde später befanden wir uns auf einer Ausfahrtstraße in Richtung Schkeuditz. Mit triumphierendem Lächeln hielten wir das Schild mit der Aufschrift `Hannover´, der sengenden Sonne entgegen. Entgegen aller Erwartungen stieß dies jedoch auf wenig Reaktion. Zeit für Plan B - Leute anquatschen. Während wir erfuhren, dass sich das erste Team schon kurz vor Dresden befand, stiegen wir bei einem Ausbilder der Bundeswehr ins Auto und fuhren in Richtung Bayern. Scheiß auf die Nordsee, Hauptsache weit weg. An der ehemaligen innerdeutschen Grenze, ging es dann zügig voran, denn als wir das erstbeste Auto ansprachen, nahm man uns gleich mit Richtung Allgäu. Wir stiegen südlich von Ulm aus und machten nette Bekanntschaften auf dem Rasthof. So luden uns einige bulgarische LKW-Fahrer ein uns zu ihnen zu setzen. Einer feierte seinen 44ten Geburtstag. Das bot genug Anlass uns auf einen gut bekömmlichen Schnaps einzuladen. Jener löste die Zunge und schon fanden wir einen sympathischen LKW Fahrer, welcher uns nach den zwei prägnanten Fragen: Drogen? Waffen? – Welche wir beide mit Sicherheit verneinen konnten, bereitwillig mitnahm. Wir freuten uns wie Schneekönige, denn wir wollten schon immer LKW fahren. Und dann auch noch einer, welcher Bier transportierte. Wir befanden uns wahrlich in bester Stimmung, insbesondere auch deshalb, weil wir ein wenig, von der sich im Fahrerhaus befindlichen Ladung genauer inspizieren durften. Gute Adelskrone, mjam mjam mjam. Während der Fahrt bekamen wir sämtliche Einblicke in das Leben eines LKW-Fahrers, mit all seinen Höhen und Tiefen, geschildert. An der österreichischen Grenze mussten wir uns jedoch ein neues Gefährt suchen, denn für unseren netten LKW-Fahrer waren die „Tiroler“-Polizist_innen ein Gräuel. Aber das war ja überhaupt kein Problem für uns, denn innerhalb von 2 Minuten saßen wir in einem Bandbus der Gruppe Hanuman Tribe, welche einen Auftritt in St. Gallen hatten. Irgendwie fielen wir bei der Schweizer Polizei in das Gefährdungsraster. Und so mussten wir am Grenzübergang erst mal eine genauere Untersuchung über uns ergehen lassen. Merke – vor dem Trampen gut rasieren! Da wir natürlich noch weiter wollten, schlugen wir das Angebot aus, mit aufs Konzert zu kommen und versuchten unser Glück an einer Tankstelle. Nach zwei Stunden nahm uns Christian der Tankstellenwart mit, welcher uns die ganze Zeit beobachtete, wie wir versucht hatten vergeblich davon zu kommen. Eigentlich wollte er in die andere Richtung, aber für uns „Glächgesint`n“ fuhr er zur nächsten Raststätte und quatschte für uns andere Autofahrer_innen in schönster lokaler Mundart an. Kevin unser zweiter Armeeangehörige auf dieser Reise nahm uns so bis nach Luzern mit. Auf dieser Tour konnten wir zusätzlich das Feuerwerk zum Schweizer Nationalfeiertag bestaunen, welches links und rechts aus jedem Gehöft sich zum Himmel schraubte.  Welch Spectaculum! Heurika! Von so viel Euphorie übermenscht suchten wir uns einen Schlafplatz um das Erlebte zu verdauen. Fündig wurden wir in einer kleinen Lichtung nahe der Autobahnraststätte. Leider wurden wir sehr bald von barbarischen Mücken zerfleischt, welche nur noch Haut und Knochen von uns zurück lassen wollten. Jeder Verteidigungsversuch, sei es Rauch im Schlafsack, oder die Badehose über dem Kopf, blieb ohne Erfolg. Und dann hatten wir Glück. Es regnete, wir verkrochen uns unter eine nahegelegene Autobahnbrücke und konnten noch eine Mütze voll Schlaf abgreifen. Am nächsten Morgen krochen wir reichlich verlumpt aus unserem Schlafgemach und kletterten, mehr schlecht als recht, über die Mauer des nahe gelegenen Rasthofes. Hierbei schienen wir ein wenig Mitleid erregt zu haben, denn ein nettes Pärchen fragte uns, in welche Richtung wir wollten, und ob sie uns nicht ein Stückchen mitnehmen könnten. So befanden wir uns kurzerhand auf dem Weg nach Italien und genossen eine aussichtsreiche Fahrt, vorbei am Vierwaldstädter See. Da wir uns aber unweigerlich auf dem Mahlstrom der Ferientouristen befanden, standen wir einige Stunden vor dem St. Gotthardt Tunnel im Stau. Als Geographen ließen wir diese Zeit aber nicht ungenutzt und studierten eingängig den Reliefformenschatz der Schweizer Alpen. „Alter, gib dir diesen Schuttfächer“ und „Ecce homo, ein im letzten Glazial zornig überprägtes Trogtal!“… „Aber die anthropogene Siedlungsprogression ist ebenfalls gewaltig! Meinst du hier gibt es eine signifikante Gentrificaton?“ Gegen 4 Uhr erreichten wir  das italienische Milano (für die Daheimgebliebenen: Mailand). Leider wurden wir jedoch auf einer Raststätte ausgesetzt, welche für unser Ziel weiter nach Süden zu gelangen,  genauso unbrauchbar war, wie ein Staubsauger in der Sahara bei mäßigen Schirokko-Winden aus Südwest. So endete unsere Reise bei einer formidablen Pizza im Mailänder Stadtzentrum. Der Achte Platz reichte uns aus, denn wie jede_r weiß, ist dies die Zahl der Unendlichkeit, so auch der räumlichen, wenn auch nicht des euklidischen Abstandes im langjährigem Mittel zur gemäßigten Breite des Augustusplatzes.



Arne und Friedemann in Mailand (Rechte: Friedemann Goerl)


 













9. TBA-Racing-Team: Budapest (HU) - 643,85 km


stationen waren bei uns: taucha - pilsen - eine raststätte kurz hinter prag - eine raststätte mit siffiger pizzeria nahe brno (alles tschechien) - bratislava (slowakei). am samstag dann sind wir kurz vor györ (ungarn) umgestiegen und dann kurz vor budapest nochmal. dann waren wir da und hatten keine lust mehr. :) 

10. Team Fahrt ins Blaue: Wien (AT) - 451,21 km

Nach einigen Startschwierigkeiten nahm uns an Tankstellenoption 3 endlich eine Frau mit Sohn Richtung Dresden mit. Eigentlich sollte es ja in die andere Richtung gehen, aber wir wollten endlich starten! Nach knapp einer Stunde sind wir an einer Raststätte mit Autobahnanschluss Richtung Süden ausgestiegen. Von dort aus ging es in einem Rutsch bis an den Chiemsee. Wir haben noch versucht, weiterzukommen, aber gegen 20 Uhr aufgegeben und die Nacht am See gecampt. Am nächsten Morgen ging es früh los, allerdings haben sich das frühe Aufstehen und die endlose Wanderung zur Raststatte nicht gelohnt: In Bayern war gerade Ferienanfang, die Autobahn war voll, die Autos auch, alle waren gestresst und wir dann auch. Zwei Frauen (Ziel: Schlagerfestival am Grundlsee) nahmen uns dann mittags doch freudig auf und eröffneten im Stau kurzerhand eine dritte Spur, um einen Italiener mit freien Plätzen zu fragen, ob er nach Italien wolle. Wollte er zwar nicht, dafür ging es dann aber nach einem fliegenden Wechsel auf der Autobahn nach Wien. Dort haben wir uns noch eine gute Zeit gemacht, bevor es wieder Richtung Heimat ging.  

Stationen:
Leipzig/Tankstelle - Parkplatz auf der E40 - Chiemsee - Nothaltebuch auf der E60 - Wien 

Hannah und Stephanie in Wien (Rechte ebd.)

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