Teamberichte 2013











1. Platz Klarissa & Tim / Brampton / Vereinigtes Königreich 870 km

Alles ist möglich


Beim diesjährigen Campusjailbreak konnten wir vor allem eines über das Trampen lernen: Alles ist möglich. Egal ob mit der Polizei, über den Ärmelkanal oder in einem Tag nach London. Auf unserer Reise durch halb Europa lernten wir viele Menschen mit vielen unterschiedlichen Geschichten kennenlernen und konnten vielleicht sogar ein paar neue Freunde gewinnen. Auf jeden Fall hatten wir unheimlich viel Freude mit dem ausgestreckten Daumen am Straßenrand. Dass wir den Wettbewerb schließlich gewonnen haben, verdanken wir den über 50 Menschen in 39 verschiedenen Fahrzeugen aus 8 Ländern. Ein herzliches Dankeschön nochmal an all unsere Mitfahrgelegenheiten für deren Hilfsbereitschaft, Großzügigkeit und Geschichten. Nächstes Jahr wollen wir natürlich unseren Titel verteidigen und freuen uns auf neue und alte Herausforderer! Unser Ziel im nächsten Jahr: Porto! Bis dahin an irgendeiner Autobahnraststätte mit einem Pappschild in der Hand.

PS: Wollt ihr unsere ganze Geschichte lesen, dann schaut hier nach

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2. Platz Elias & Markus Montbeugny / Frankreich 840 km

Mit dem Rollstuhl durch Europa
Die ganze Geschichte der beiden findet hier. Link 




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3. Platz Team Pi * Daumen Marijampole / Litauen 820 km


by Sabine

Wie breche ich aus der Uni aus?

Das Jailbreak war mein erster Tramp und weil’s in Zweiergrüppchen auf Tour ging, ein erleichterter Einstieg. Jetzt liegt ein aufregendes Abenteuer-Wochenende hinter mir, voll mit Erfahrungen. Innerhalb der vorgegebenen 24-Std.-Frist haben Salo und ich es völlig planlos und unvorbereitet bis nach Marijampole in Litauen geschafft (das reichte für Platz 3), dann noch die Kür bis nach Riga angehängt und nach dem Ostseebad die rekordverdächtige 22-stündige Rücktour ebenfalls mit bloßem Daumen geschafft (1400 Straßenkilometer!).

Was bleibt also? Zurück in meinem Schönefelder Zimmerchen resümiere ich und fasse zusammen, was ich beim nächsten Mal besser machen kann, welche nützlichen Erfahrungen wir gemacht haben.



Wenn du zu zweit unterwegs bist, ist es hilfreich, wenn der eine Teil deines Teams, also du oder deine Partnerin, optisch als Frau wahrgenommen wird. Laut meinem Teamkollegen hat dies tatsächlich die Wartezeit auf den nächsten Lift im Vergleich zu seinen bisherigen Tramps merklich verkürzt. Und mehrere unserer Fahrer*innen bestätigten diese Hypothese („Männer alleine sind eher Banditen. Zu zweit erst recht!“…). Ich, die ich den weiblichen Part spielen durfte, war auf der andern Seite ganz froh, auch noch einen großen Bärtigen neben mir zu haben. Dieser hatte im Vorfeld gesagt, es sei gut, wenn sich die Tramper*innen „überdurchschnittlich attraktiv und selbstbewusst“ geben – es scheint aber zu reichen, wenn das Team sich diese Attribute untereinander aufteilt. Ob das im Hitchwiki beschriebene Speed-Trampen (http://hitchwiki.org/de/Speed_Trampen) funktioniert, haben wir nicht so richtig herausbekommen.

Unabhängig von irgendwelchen Geschlechterrollen solltet ihr euch natürlich untereinander gut verstehen, denn ihr werdet – gerade wenn euer*eure Fahrer*in ein wortkarger Mensch ist – möglicherweise längere Zeit nebeneinandersitzend verbringen. Und müsst euch im Zweifelsfall auch nach mehreren Tagen ungeduscht noch riechen können ;-)



Wenn du in den europäischen Osten trampen willst, ist es hilfreich, wenn mindestens ein Teil deines Teams ein bisschen Russisch beherrscht. In Lettland erfuhren wir, dass die jüngere Generation eher Englisch könne, das war uns bis dahin allerdings nur in Ausnahmefällen begegnet. Ansonsten müsst ihr auf Verständigung mit Händen und Füßen zurückgreifen, mantramäßig den Namen eures Zielortes wiederholen (in allen denkbaren Aussprachevariationen der einheimischen Bezeichnung…) und auf der Karte, die auf jeden Fall Teil eurer Ausrüstung ist, zeigen, wo ihr hinwollt.

Über die Verständigung hinaus stießen wir auf anderem Gebiet im doppelten Sinn an unsere Grenzen: Gerade für so ein Tramprennen, bei dem es darum geht, ohne Geld möglichst weit zu kommen, sollte beachtet werden, dass Russland und Weißrussland nicht Teile des Schengen-Gebietes sind und wir für die Einreise also seinen Pass sowie ein (kostenpflichtiges!) Visum brauchen.

Weil Zeit beim Trampen – wird es nicht gerade als Sport betrieben (so wie wir beim Jailbreak) – eigentlich kein Maßstab sein sollte, ist letzter Punkt vielleicht weniger wichtig: Sobald ihr Polen in Richtung Litauen verlasst, betretet ihr auch eine neue Zeitzone. Das gilt natürlich für jede Tour entlang der Breitengrade ab einer bestimmten Länge, sollte einfach nur bedacht werden…



Solltest du schließlich doch mal etwas länger warten, lass den Kopf nicht hängen! Nur die Ruhe, früher oder später nimmt dich jemand mit und wenn du gut gelaunt bist, wahrscheinlich früher, als wenn nicht. Auch hier hilft es unglaublich, wenn du zu zweit bist. Unterhaltet euch, singt eine Schnulze nach der andern, tanzt vielleicht sogar (hilft auch gegen kalte oder plattgestandene Füße), schmiert euch gegenseitig Schokoschmiere-Stullen… Vor allem: Lass dich nicht von jedem vorbeifahrenden Wagen stressen, sondern freue dich über diejenigen, die dann für dich anhalten.

 



















Jailbreak 2013 in 3 Episoden

by Salom*e 


Soweit die Räder rollen



Die Regeln waren klar: Kein Geld und ein Zeitlimit von 24 Stunden. Das Ziel: So weit weg wie nur geht. Da bleibt erst mal viel offen: Wie wär's mit Segelflugzeug, Wandern oder Jetski? Ok, zu viel geträumt. Im Prinzip bleibt da nur das Trampen.

Per Autostop zu reisen, hat sich ja in den letzten Jahrzehnten bewährt, auch wenn es mehr und mehr einzuschlafen scheint. Also Daumen raus und los. Oder auch erstmal nicht. Die Anspannung und die Hoffnung, jeden Moment mitgenommen werden zu können, zaubern immer wieder ein Lächeln in unsere Gesichter. Doch jedes Fahrzeug, was einfach nur vorbeirauscht, ist auch immer wieder eine Enttäuschung. Wir sind Bittsteller*innen in diesem Moment am Straßenrand, immer wieder eine interessante Erfahrung. Alles oder nichts. Es macht frei, ohne Ziel den Menschen auf der Straße begegnen zu können. Es sperrt aber auch ein, auf die Hilfe der motorisierten Welt angewiesen zu sein, um weiterzukommen. Zumindest mit dem Wissen: Da sind noch andere Teams, die uns auf den Fersen sind.

Und doch ist es immer wieder eine Überraschung, wenn jemand anhält und er*sie uns einfach mitnimmt, ohne nur irgendwie an eine Gegenleistung zu denken. Ist das nicht wie im Himmel?





Einfach nur Lachen



Das war der auffälligste Tipp zum Trampen, den ich im Internet fand: Lachen. Dabei stand ich morgens vor dem Spiegel und überlegte, welches T-Shirt mich wie viele Kilometer weiter bringen könnte. Wie sehe ich einfach mal nur lieb aus? Heute wird mich ja oft jemand nur eine Sekunde ansehen und dann entscheiden, ob er*sie mich mitnimmt.

Trampen macht auch so schon Spaß, doch jetzt ging es um den Möhre, denn andere Teams standen mit uns beim Jailbreak am gleichen Startpunkt. Doch schnell verloren wir uns aus den Augen und wir uns mit unserem Lachen in Autos und Lkws Richtung Osten. Das T-Shirt scheint weniger spannend gewesen zu sein. Ausschlaggebend war für viele, die uns mitgenommen hatten, dass wir wie ein Paar schienen, zumindest äußerlich. Das ist also lieb: Ein Pärchen sein!





Wohin du willst



Getrampt war ich schon öfters. Soweit immer zweckmäßig von A nach B und eigentlich immer auch erfolgreich. Der Jailbreak lehrte mich die Sache auch mal anders zu sehen. Es geht auch als Team und es geht auch ohne Ziel. Das Schild „einfach weg hier“ ist schon länger in meinem Tramp-Portfolio, gleich neben „zum Meer“, dem Grinsegesicht und „nach Hause“, benutzt hatte ich es bisher aber noch nie. Wo wollen wir eigentlich hin, wenn wir (n)irgendwo hin wollen?

„Dahin, wo du hinfährst!“ Ich gebe zu, das ist nicht der vertrauenswürdigste Spruch, den wir den Leuten entgegnen konnten, wenn sie doch mal extra für uns anhielten. Und dennoch kamen wir einen Tag später an die Ostsee, überraschenderweise im Baltikum und nicht in Meck-Pom. Ich bin erstaunt: Dafür, dass wir keinen Euro bis hierher ausgegeben hatten, nicht schlecht.

Doch wie sage und schreibe ich jetzt „nach Hause“?

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Team Trödel-Trinker Prag / Tschechische Republik 200 km

Wir wollten so weit wie möglich auf der Strecke Leipzig-Bratislava-Budapest vorankommen. Es ging auch gut los. Praktisch das erste Auto hielt an, als wir in der Nähe des Augustusplatzes Stellung bezogen. Ein netter Geschäftsmann brachte uns bis in die Nähe der Autobahnauffahrt, wo wir allerdings ziemlich lange warten mussten. Nachdem wir in der Mittagshitze schon gut angegart waren, kam unsere Rettung in Gestalt vom "Trödeluwe", der versprach, uns bis nach Döbeln mitzunehmen. Er fand die Aktion aber so toll, dass er uns kurzerhand die doppelte Strecke- bis zur tschechischen Grenze- fuhr und somit einen Umweg von über hundert Kilometern in Kauf nahm! Unglaublich! Von der Grenze bis nach Prag kamen wir mit zwei netten Herren mit, die sich Prag ansehen wollten. Bevor wir uns zu Fuß durch Prag aufmachten, um an der Ausfallstraße nach Osten den Daumen (ohne Erfolg) rauszuhalten, kühlten wir uns in einer Kneipe mit einem kühlen Bier wieder auf Betriebstemperatur herunter. Wir blieben schließlich in Prag, da uns bis zum Sonnenuntergang niemand mitgenommen hatte. Aber Prag ist schließlich auch eine schöne Stadt!!




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